Christus in seiner Unbegreiflichkeit

Christus kann man nur in seiner Unbegreiflichkeit begegnen, nicht in dem Versuch, ihn psychologisch zu erfassen.

Enthoben über Irdisches sind die Dinge aus seiner Weisheit.

Das Licht leuchtet über ihn, als wären seine Wege aus Ewigkeit erhellt, noch im tiefsten Dunkel und über den Tod hinaus.

Bei aller Nähe in seiner Liebe zu den Menschen ist er stets von etwas Unbekanntem umhüllt.

Aus diesem Unbekannten sprach einst seine Stimme zu Paulus.

Das Unverstehbare geht mit ihm und in ihm durch die Zeiten.

In seinem Leiden unterschied er sich von allen, ein Dornenkranz, sein Haupt zu lästern, verwandelte sich in Liebesglanz.

Wie unfasslich entfernt von uns und doch der „wahre Menschensohn“ und zugleich der „Sohn Gottes“.

Das Thema Gott und Christus ist ein unerschöpfliches Geheimnis.

Gottesleugner sagen dagegen, man könne sich doch nicht einen Gott denken, der die Wahrheit und die Liebe sei, wenn er die Menschen in Leid und Kriege versinken liesse.

Er dürfe doch kein solches Elend zulassen, er müsse vielmehr die Menschen zum Guten zwingen, sie so entsprechend „programmieren“.

Doch dann hätte der Mensch keine Selbstbestimmung mehr, keine Freiheit, er hätte keinen Selbstwert, er brauchte keinen Geist, der ihn zum Denken befähigt, keine Seele, die ihn liebesfähig macht, er wäre wie eine Sache, mit der man spielt, er wäre das Gegenteil von etwas Lebendigem, er wäre wie ein Nichts.

Doch bin ich, bist du, sind die Menschen ein Nichts?

Wären dann alle unsere Gedanken, unsere Liebe, unsere Kunst und Wissenschaft wie ein Nichts und überflüssig?

Ein Nichts denkt aber nicht, es fühlt nicht, es braucht nichts.

Sollte man nicht besser – wie Rilke es ausdrückt – sagen, dass Gott das „wahre ICH“ ist, das Gegenteil des Nichts und wer ihn leugnet, verleugnete sich selbst in seinem Geiste, in seiner Seele, in seinem Sein!

Die zweifelnde, suchende Seele sehnt sich nach Gott, sie findet letztlich in ihrem tiefsten Grund die uns ewig suchende göttliche Liebe, denn was ist die Logik des nüchternen, berechnenden Verstandes gegen die alles umhüllende Liebe, wie sie eine natura naturans an die Welt mit all ihren Geschöpfen verschenkt, ja geradezu verschwendet!

Christus hatte diese alles umhüllende göttliche Liebe erkannt, Paulus hatte sie in seiner erschütternden Begegnung mit Christus in diesem erkannt.

Paulus Herz war dadurch gleichsam lichterfüllt, erfüllt von Inhalt, von Leben, von Erkenntnis, von Liebe.

Wer sich von Gott geleitet weiss, der tut nichts Unrechtes, es wird vielmehr Segen von ihm ausgehen.

Diese seine Hand reicht uns Gott, wir haben die Freiheit, sie zu ergreifen, wir haben aber auch die Freiheit, diese Hand zurück zu stoßen.

In diesem Spannungsfeld zwischen Gut und Böse leben wir, das alles gewährt uns das Wunder des Lebens, das uns nicht wie ein lebloses Spielzeug behandelt, sondern aus dem Wunder des Lebendigen den Odem Gottes in die Menschen senkt aus seiner göttlich-schöpferischen Liebeskraft.

Daraus auch lieben wir unsere Kinder, das Unnenbare, das Geheimnis des Göttlichen.

Dieses Geheimnis trägt uns ein Leben lang bis in den Tod und darüber hinaus.

Der lebendige Geist, auferstrahlend in der Wissenschaft und in der Kunst, insbesondere in der Musik, ist ein tönendes, beseligendes Gleichnis dafür wie „alles Vergängliche nur ein Gleichnis ist“, aber wir müssen uns fragen, wofür es ein Gleichnis ist.

Das Gleichnis ist der Weg unseres Lebens in der Liebe, wir spüren in ihr die göttliche Wahrheit, sie sagt uns: „Man lebt, was man liebt“ – dies ist ein höchstes Credo des Lebens – und: „Wer nicht liebt, der lebt eigentlich gar nicht“!

Die Tiefe zu erfassen, aus der Christus wirkte und liebte, das können vielleich nur die Engel im Himmel, denn Christus übersteigt jedes irdische Mass in seiner Unbegreiflichkeit!