Ein Welten-Lied
Der Mensch ist zum Schöpferischen geboren, er hat damit Anteil an der göttlichen Schöpfung!
Kunst und Wissenschaft zeigen uns gleichnishaft die schöpferische Wesenhaftigkeit des Menschen.
Im Kunstwerk entfaltet sich die schöpferische Kraft des Künstlers zu einer Ganzheit, so wie die Natur aus ihrer schöpferischen Gestaltungskraft ein vollendetes Ganzes erschafft.
Die Symboltiefe naturhafter Gestaltungen hat Goethe im Zusammenhang mit der Erscheinung des Lichtes im Zusammenspiel seiner Farben dargelegt, so wie er auch in anderen Zusammehängen von Erscheinungen der Natur das sinnlich Natürliche und Begreifliche mit dem Unbegreiflichen zu verbinden und zu vermischen vermochte durch das höchste Credo der Schöpfung: Die Liebe!
Dazu Goethes Gedicht „Wiederfinden“:
Einsam Gott zum erstenmal.
Da erschuf er Morgenröte,
sie erbarmte sich der Qual.
Sie entwickelte dem Trüben
ein erklingend Farbenspiel.
Und nun konnte wieder lieben,
was einst auseinander fiel.“
In seinem Gedicht nennt Goethe ausdrücklich das Wort „lieben“, d.h. Gott schuf aus Liebe Bindung in ihrer höchsten Form: Verbindung.
Jede erschaffene Gestalt ist nach dieser Auffassung Goethes in tiefstem Sinne eine liebende Verbindung, jedes Geschöpf ist ein solches Wunder aus der Liebe, eine Biene z.B., die in ihrem Sein und Wirkungsbereich etwas Vollendetes darstellt, ein Schmetterling, ein Vogel, ein Reh, eine Blume und so weiter führend bis zum Menschen, in dem sich ausser einer materiellen Ganzheit - und das allein ist schon Wunder genug - Geist und Seele, Phantasie, Glaube, Hoffnung als ein göttliches Ganzes offenbaren, denn offenbart sich die göttlich - schöpferische Kraft nicht immer in einer Vollendetheit, in Schönheit und Sinnhaftigkeit!
Wie schön sagt es Goethe: „… da erschuf er Morgenröte, sie erbarmte sich der Qual“, denn ist Schönheit nicht immer auch höchste Beglückung?
Schönheit, wie wir sie in einem vollendeten Kunstwerk erleben!
Vielleicht lassen sich am tiefsten durch die Musik die mytischen Zusammehänge und Hintergründe des Lebens und der Liebe erfassen, denn erfahren wir eine musikalischen Erkenntnis nicht wunderhaft aus der Tiefe der Seele.
Es ist ein „Entgleiten“ durch das Medium der Musik in „Liedern des Lebens“ bis hin in den Grenzbereich von Leben und Tod, getragen vom Melos einer musikalischen Inspiration schwebender Bezüge von Auferblühen und Vergehen bis in eine Transzendenz; die entschwindende Herrlichkeit des Lebens aus einer Natur - erfühlenden Wahrhaftigkeit erklingen zu lassen, die als höchste Steigerung Leben „Tod und Verklärung“ in die allumfassende in ferne Höhen verschwebende Melodie eines „Ewig …ewig …“ verhauchen lässt!
Steigt hier nicht ein Welten-Lied in Klängen auf mit einer Ausdruckspoesie und Tiefe, so wie uns auch die Natur mit ihren unendlichen Variationen umfängt?